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Spendentour für Pflegekinder in Neiße erfolgreich verlaufen: Bauerninitiative „Begegnung Schlesien“ fährt für guten Zweck mit Leze und Traktoren nach Schlesien

| Aktuell

LÜDINGHAUSEN/NEISSE. Die Tour ihres Lebens hat ein Spendenteam aus Lüdinghausen und Senden erfolgreich beendet. Am Freitag den 29.08.2025 hat sich die Gruppe „Begegnung Schlesien“ um Franz Josef Lintel-Höping, Berthold Schulze Althoff, Ede Kolender und Klaus-Theo Schulze Bölling und Ulrike Schulze Tomberge auf den fast 1.000 Kilometer langen Weg von Lüdinghausen nach Neiße in Polen gemacht. Bürgermeister Ansgar Mertens und Pfarrer Benedikt Elshoff haben die Gruppe mit guten Wünschen, Gottes Segen und ersten Scheinchen fürs Spendensparschwein vorm Lüdinghauser Rathaus auf die Reise in die Partnerstadt geschickt. Acht Tage später ist die Gruppe planmäßig in Schlesien angekommen. Dass das klappen würde, war zwischendrin nicht immer klar. „Klaudiusz Ulbrich, Mitorganisator und eingeplant als Dolmetscher konnte kurz vor Tourstart aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen. Und Unterwegs fiel dann auch noch das geliehene Wohn- und Pressemobil aus technischen Gründen ersatzlos aus. Auch ein Trecker und der mitgeführte Bauwagen, der als Übernachtungsdomizil für die Crew diente, zeigten zwischenzeitlich Reparaturbedarf“ resümiert Treckerfahrer Kolender, der dankbar ist, dass Mensch und Maschine heil angekommen sind. 

Auf dem Weg nach Schlesien sammelte die Gruppe Spenden für Kinder in Pflegefamilien. „Wir als Untergruppe der Deutsch-Polnischen-Gesellschaft Lüdinghausen wollen damit Kinder in der Partnerstadt Neisse unterstützen“ erklärt Lintel-Höping, der Ideengeber und einziger Radfahrer der Tour war.

Die erste Etappe endete gut gelaunt und mit heilen Gliedmaßen auf einer Campingwiese bei Paderborn, von wo es am Samstag weiter ging nach Rosdorf-Mengershausen in der Nähe von Göttingen. Dort erwartete die Gruppe ein Kirmes-Festumzug, auf dem der Tross vom Schützenkönig Dirk Sauerland und der Ortsbürgermeisterin Gitta Rubbert herzlich empfangen und der gesamten Festgemeinde vorgestellt wurde. „Feiern und spenden kann man in Niedersachsen“ ist sich Treckerfahrer Schulze Althoff sicher, der die Mischung aus Schützenfest, Karnevalsumzug und Kirmes spannend fand.

Weiter gings am Sonntag, dem 31. August nach Hohlstedt in Sachsen-Anhalt. Auf dem Weg dorthin legte die kleine Karawane einen Zwischenstopp beim Lanz-Bulldog Club in Werxhausen bei Duderstadt ein. Conrad Ebert, ehemaliger Vorsitzender des Clubs, zeigte den Reisenden seine umfangreiche Oldtimersammlung an Bulldogs und Hanomags. Während der Weiterfahrt nach Hohlstedt in Sachsen-Anhalt traf die Gruppe zufällig auf ein Feuerwehrfest in einer kleinen Ortschaft. „Die etwa 30 Kameraden ließen sich begeistert die Spendenaktion erklären und spendeten spontan großzügig“ freute sich das Spendenteam.

Der Montag startete direkt mit einer Reparatur am Oldtimer-Trecker. „Mit Unterstützung des Werkstattpersonals vom gastgebenden Heidehof konnten wir die Auflaufbremse reparieren, so dass es zügig weiter ging“, freute sich Lintel-Höping. Am Etappenziel „Störmthaler See“ in Sachsen angekommen, empfing Gastwirt Marc Nürnberger und gleichzeitig Vorsitzender des hiesigen Bulldog-Clubs die Gruppe. Der gesamte Clubvorstand ließ sich die Spendenaktion vorstellen und spendete ebenfalls freizügig.

Am Dienstag startete der Spendentrupp zum Etappenziel Ottendorf-Okrilla nördlich von Dresden. Unterwegs besuchte das Spendenteam eine Filiale vom Lohnunternehmen Thomas Kemming in Döbeln-Hasslau, der gebürtig aus Dülmen-Hiddingsel stammt. Der Standorts-Betriebsleiter zeigte seinen Gästen den Betrieb, der sich auf Zuckerrübentransport, LKW-Logistik von Agrarprodukten und die Pflege von Bahngleisen spezialisiert hat. Den Aufenthalt nutzte die Gruppe auch für einen Fahrerwechsel. Schulze Bölling löste Schulze Althoff ab, der zunächst den erkrankten Klaudiusz Ulbrich vertrat. Das Werkstattteam des Lohnunternehmens reparierte den mitgenommenen Bauwagen und spendete Diesel für die Trecker. 

Der Mittwoch stand im Zeichen des deutsch-polnischen Grenzübertritts. Noch bevor die Grenzstadt Görlitz erreicht wurde, nutzten die Spendenfahrer das Freibad in Löbau, um duschen zu können. Am Checkpoint an der Grenze verlief der Grenzübertritt dann unerwartet stressfrei. „Die Grenzpolizisten auf beiden Seiten ließen uns ohne Kontrolle passieren und blickten amüsiert zur Seite, als Fahrrad und Trecker über die Grenze rollten“ empfand Lintel Höping die wiedereingeführte Grenzkontrolle als recht unkompliziert. Tagesziel war ein Pferdezentrum in Studniska Dolne (Nieder Schönbrunn), das von einer australischen Familie geführt wird. Dieses ehemalige deutsche Gut einer Adelsfamilie ist, wie viele Liegenschaften in Niederschlesien, in einem baulichen Zustand, der an die direkte Nachkriegszeit erinnert. 

Die vorletzte Etappe führte auf den Campingplatz der Stadt Swidnica (Schweidnitz), von wo es am Freitag (5.9.2025) weiter ging nach Glogówek (Oberglogau). Dort wurde die Spendengruppe aus dem Münsterland von ihren schlesischen Freunden und Ehefrauen empfangen. Aber auch eine Lüdinghauserin, die auf Stippvisite in ihrer alten Heimatstadt Oberglogau war, und aus den Medien von der abenteuerlichen Spendentour erfuhr, wollte die Gruppe unbedingt kennenlernen. Die schlesischen Freunde luden dann zu einem gemeinsamen Abend ein. „Eine echt talentierte Band sorgte für Stimmung und vor allem das gute Essen und sogar liebevoll zusammengestellte Geschenke mit Köstlichkeiten aus der Region zeigen das große Herz und die überwältigende Gastfreundschaft, die uns überall in Schlesien begegnete“, blickt die Gruppe auf ein ereignisreiches Wochenende zurück.

Am Samstag stand ein ganz besonderer Gänsehautmoment an: Das Überreichen der unterwegs gesammelten Spenden in Höhe von fast 1.600 Euro an die stellvertretende Leiterin der Pflegekinderstelle der Region Nysa, Katarzyna Wojtowicz sowie Jolanta Barska, Schirmherrin des Kreiszentrums für Familienhilfe Nysa und zugleich stellvertretende Landrätin. Beide luden die Spendengruppe auf einen Besuch im kommenden Mai ein, um zu zeigen, was bis dahin mit den Spendengeldern finanziert wurde. Die Frauen berichteten von etwa 300 Kindern, die aus prekären Familiensituationen stammen und nun in Pflegefamilien seelisch aufgefangen werden und ein liebevolles, zugewandtes Leben kennenlernen. Die Rehabilitation der Kinder kostet viel Mühe und Geld, so dass jeder Cent dringend benötigt und voller Dank angenommen wird. Anschließend besuchten alle gemeinsam das Honigfest von Nysa, auf dem lokale Hersteller ihre regionalen Produkte zum Kauf und zum Probieren anboten. Die Landfrauen der Region verköstigten die Gruppe mit typisch schlesischen Leckereien. 

Nachmittags wurde die Gruppe vom deutschen Konsul in Oppeln empfangen und konnte am deutsch-polnischen Straßenfest teilnehmen. „Es bestand für uns die Gelegenheit, interessante Menschen kennenzulernen, wie zum Beispiel den deutschen Generalkonsul in Breslau, den Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Gleiwitz oder die Marschallin der Woiwodschaft Oppeln, deren Amt vergleichbar mit dem des Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslandes ist“, zeigte sich die Gruppe geehrt. Die Marschallin Zuzanna Donath-Kasiura hat deutsche Wurzeln und vertritt somit auch die Gemeinschaft der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft. Der Abend klang in privater Runde bei einer schlesischen Freundin aus.

Abschluss der Spendentour war auch gleichzeitig ein Highlight der Reise: das Erntedankfest in Oberglogau. Der Festtag begann mit einem polnischsprachigen Gottesdienst: „Wir waren wirklich tief bewegt von der wunderschönen barocken Bartholomäus-Kirche, der opulenten Erntekrone im Chorraum, den vielen festlich gekleideten Messteilnehmern, der Kirchenmusik und dem herzlichen, volksnahen Pfarrer, der später per Mähdrescher aufs Erntedankfest-Gelände fuhr“ beschreibt Elisabeth Welp, die dem Spendenteam mit ihrem Mann per Motorrad nachgereist war, den Auftakt der Feierlichkeiten. Der Kreis Oppeln und die Gemeinde Oberglogau lud die Spendengruppe zu einem offiziellen Mittagessen für geladene Gäste ein, wo sie der Bürgermeister von Oberglogau persönlich in Empfang nahm. Auf Veranlassung des schlesischen Bauernpräsidenten Bernard Dembczak konnte die münsterländische Bauerninitiative gemeinsam mit schlesischen Bauern als Fußgruppe am Erntedankumzug teilnehmen. „Das ist hier wie eine Mischung aus Karnevalsumzug, Erntedank-Straßenparade und Oktoberfest, nur eben alles in sehr feierlich“ zeigte sich Ulrike Schulze Tomberge beeindruckt von der Möglichkeit, aktiv am Erntedankumzug mit Musikkapelle, Wagen, Fußgruppen, verschiedenen Erntekronen aus den umliegenden Dörfern und Kamellewerfen teilzunehmen. Die Straßenränder wurden von den Anwohnern liebevoll mit Skulpturen geschmückt, die nach schlesischer Tradition -wie auch die Erntekronen- ausschließlich aus Naturmaterialien hergestellt werden. Der Umzug zog tausende Zuschauer an. Später ging es dann auf den Festplatz mit Festzelten, Kirmes und Landmaschinenvorführungen aus alten Zeiten. Viele Menschen kamen in Festtagskleidung oder in regionaler Tracht und der Pfarrer im schwarzen Anzug auf einem alten Mähdrescher fahrend. Die deutsche Minderheit in Schlesien pflegt Traditionen, die viel Gemeinsames mit den Traditionen katholischer Regionen in Deutschland erkennen lässt und doch auch durch die Einflüsse der benachbarten Polen und Tschechen Eigenes hervorgebracht hat. Allem gemein ist eine tiefe Herzlichkeit und Gastfreundschaft und der Wunsch, in Deutschland nicht vergessen zu sein.

Wróć