Mit dem Rad von Lüdinghausen nach Nysa
Lange war sie angedacht und nun endlich vollbracht: eine Fahrradtour von Lüdinghausen nach Nysa, unserer Partnerstadt in Polen. Nach 13 Fahretappen und 1044 km auf dem Fahrrad erreichten am 30. Juli Maria und Josef Edelbusch und Lothar Kostrzewa-Kock, Mitglieder der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Lüdinghausen, das Ziel. Eine besondere Überraschung bereitete den Lüdinghausern Jolanta Barska, die sportliche ehemalige Bürgermeisterin von Nysa, die am Morgen der letzten Etappe mit ihrem Fahrrad vor dem Breslauer Hotel stand und die bei 33 Grad und starkem Gegenwind anstrengendste Etappe über 90 km bis nach Nysa mitfuhr.
Herzliche Aufnahme und die sprichwörtliche polnische Gastfreundschaft bei privaten Gastgebern, das Auffrischen alter Kontakte durch Besuche und sogar die Zeit für eine gemeinsame Radtour um den Stausee vor Nysas Toren ließen drei Tage vor Ort wie im Fluge vergehen. Am Donnerstag, 19 Tage nach dem Start am 16. Juli, kam die Gruppe wohlbehalten nach Rückreise mit der Bahn wieder in Lüdinghausen an. Von Lüdinghausen bis Görlitz waren noch Marianne und Bernd Kleine Büning mitgefahren, die aber aus Zeitgründen dann von Görlitz aus zurückfuhren.
Die Strecke sollte wegen der großen Entfernung möglichst ohne große Umwege verlaufen, aber auch landschaftlich und von den zu passierenden Ortschaften her reizvoll sein. Bei den Tagesetappen einigten wir uns auf eine Länge von ca. 80 km pro Tag. Letztlich bestimmte aber die Verfügbarkeit einer Unterkunft die Tagesstrecken, die zwischen 70 und 90 km variierten. Die Wege waren sehr unterschiedlich, von Wirtschaftswegen bis zur Bundesstraße und Abschnitten auf den großen Radrouten (Weser- und Werraradweg und thüringische Städteroute) war alles dabei. Die gewählte Route bot ständig wechselnde Eindrücke, was aber mit manchem Anstieg im kleinsten Gang bezahlt werden musste. Alle Unterkünfte in Hotels waren bereits im April gebucht worden, ebenso die Rückfahrt mit der Bahn. Die Vorbereitung der Routen erlaubte es uns, mit dem Fahrradnavigationsgerät von Hotel zu Hotel zu fahren, ohne Zeitverlust durch Orientierungsprobleme, Kartenstudium und Diskussionen um die richtige Abzweigung.
In Städten wie Breslau gibt es an neuen Straßen schon eine teils gute Radverkehrsinfrastruktur, außerhalb ist das aber nicht der Fall. Und nicht immer standen verkehrsarme Nebenstraßen in der gewünschten Richtung zur Verfügung. Manch eine als Radweg ausgewiesene Strecke war eher nur zum Wandern geeignet. Wahres Glück hatten die Reisenden mit dem Wetter. Während es überall in Mitteleuropa regnete und teils sogar Unwetter gab, fuhr die Gruppe stets im Trockenen und sogar mit angenehmen Temperaturen und bis Breslau stets mit Rückenwind. Manchmal begann es eine Stunde nach Ankunft im Hotel zu regnen, hörte am nächsten Morgen vor der Weiterfahrt aber wieder auf. An den 13 Fahrtagen hatte die Gruppe nur rund eine Stunde Regen zu verkraften.
Die Route verlief ab Sonntagmorgen, den 16. Juli von Lüdinghausen aus über Lippstadt - Beverungen, - Witzenhausen – Mihla - Erfurt - Etzdorf - Colditz - Dresden – Bautzen – Luban - Legnica – Wroclaw/Breslau bis Nysa/Neisse, das am Sonntag, den 31. Juli erreicht wurde. In Dresden und Breslau wurde ein Ruhetag eingelegt. Vor allem dachten wir dabei an etwas Ruhe vom Radeln, aber wir konnten auch etwas von dem besonderen Flair dieser Städte erleben. Erwähnt werden sollen auch andere sehenswerte Orte, die durchfahren wurden und zumindest in einer Pause ihre Ausstrahlung vermitteln konnten: Hannoversch Münden, Gotha, Weimar, Jena und Görlitz, aber auch manch reizvolle Kleinstadt.
Eine junge, aus Nysa stammende Dame, Aleksandra Sosulska, die durch die Städtepartnerschaft beste Beziehungen zur Familie Edelbusch hat und jetzt in Breslau lebt und arbeitet, nahm sich den ganzen Tag Zeit, die jetzt nur noch aus drei Personen bestehende Gruppe durch die Stadt zu begleiten. Sie hatte sogar eigens eine deutschsprachige Stadtführerin von höchster Kompetenz in Kultur und Geschichte engagiert. Breslau hat uns sehr beeindruckt durch seine historischen Bauwerke und aber auch durch seine Modernität und wirtschaftliche Dynamik.
Untergebracht wurden die Reisenden dann in Nysa bei dem Ehepaar Sosulski, den Eltern der jungen Dame aus Breslau. Am Abend konnte noch ein Konzert mit Orgel und Fagott in der Basilika St. Jakobus besucht werden. Hier kam es zu einem kurzen Treffen mit Pfarrer Mróz. Er begrüßte die Lüdinghauser kurz in seiner Einführung zum Konzert. Dabei baute er ein kleines Wortspiel ein: „Ich bin nicht Radfahrer, sondern Stadtpfarrer“. Es folgten zwei Tage mit überschwänglicher polnischer Gastfreundschaft, dem Treffen alter Bekannter aus vergangenen Austauschen und zuletzt auch noch einer Radtour mit den Gastgebern um den Neisser Stausee vor den Toren der Stadt.
Kurios war: Ausgerechnet der Aufenthalt in Nysa bot nicht nur mir viel Gelegenheit, Französisch zu sprechen. Auch Jolanta Barska beherrscht diese Fremdsprache, so dass während der letzten Etappe und am Abend Französisch parliert wurde. Auch die Gastgeberin erinnerte sich dabei an ihre Kenntnisse aus ihrer Schulzeit. Am Dienstagabend kam schließlich auch noch die ehemalige Französischlehrerin (am Liceum Carolinum) Danuta Blaszczuk hinzu, um sich vor allem mit Maria Edelbusch, ebenfalls Französischlehrerin, in dieser Sprache auszutauschen. Es wurden verschiedenste Themen besprochen, vom Privaten bis zur aktuellen politischen Situation.
Am Mittwoch begann die Rückreise mit einem Transfer in einem Kleintransporter nach Görlitz. Nach Stadtbummel und Übernachtung dort fuhr man am Donnerstagmorgen mit der Bahn nach Lüdinghausen zurück, wo Ottilie Kock mit Freunden einen kleinen Empfang vorbereitet hatte.
Fotos ©: DPG Lüdinghausen