Deutsch-polnische Kommunalpartnerschaftskonferenz in Berlin
Einer Einladung ins Bundesministerium des Auswärtigen waren am 16. November 2016 viele gefolgt.
Die Tatsache, dass dieses historische Datum genau 25 Jahre zurückliegt, bildete den Anlass für diese „Deutsch-Polnische Kommunalpartnerschaftskonferenz“ im Außenministerium. Michael Roth, für Europa zuständiger Staatsminister im Auswärtigen Amt, Rolf Nikel, der deutsche Botschafter in Warschau, und, Andrzej Przelebski, polnischer Botschafter in Berlin, saßen ebenso auf dem Podium wie Cornelia Pieper und Michael Groß, die deutschen Generalkonsuln in Danzig bzw. Krakau. Alle Redebeiträge wurden simultan übersetzt. So konnte ihnen jeder Teilnehmer über Kopfhörer problemlos folgen.
Eine besondere Rolle spielten die Partner der Städteverbindungen Bremen – Danzig und Krakau – Leipzig/Nürnberg, die schon Anfang der 70er-Jahre begründet wurden. Der Danziger Stadtpräsident Pawel Adamowicz und Christian Weber, Präsident der Bremischen Bürgerschaft, lobten in höchsten Tönen die Zusammenarbeit der beiden traditionsreichen Hafenstädte. Stärker durch das kulturelle Erbe verbunden sind die Städte Nürnberg und Krakau, während Leipzig mit der alten polnischen Königsstadt auf mehreren Ebenen zusammenarbeitet, schon zu Zeiten der DDR.
Stephan Erb, als gebürtiger Lüdinghauser Chef des Deutsch-Polnischen Jugendwerks (DPJW), gehörte im ersten Workshop zu den Experten. Er freute sich über die vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gerade beschlossene Erhöhung des DPJW-Budgets um 1 Mio. Euro jährlich. Als praktisches Problem für Kooperation wurde in Workshop 1 zum Beispiel der Unterschied zwischen der in Deutschland gängigen dualen Ausbildung und einer akademischen Berufsausbildung in Polen formuliert.
Im zweiten Workshop mahnte Josef Malinowski, der Vorsitzende des Bundes der Polen in Deutschland, eine Verbesserung des muttersprachlichen Unterrichts in deutschen Schulen an, schließlich investiere Polen auch sehr viel in die Förderung der muttersprachlichen Kompetenz unter der (als solche offiziell anerkannten) deutschen Minderheit. Schließlich habe es in 2015 rund 2,2 Mio. Menschen gegeben, die in polnischen Schulen Deutsch als Muttersprache lernen. der Leiter des Augustum-Annen-Gymnasiums in Görlitz, Friedhelm Neumann stellte die Struktur des bilingualen udn binationalen Unterrichts an seiner Schule vor, in Zusammenarbeit mit dem polnischen Zgorzelec auf der anderen Seite der Grenze. Am Ende stehe für viele Schülerinnen und Schüler ein zugleich in Polen und Deutschland anerkanntes Abitur.
Kontrovers ging es im dritten Workshop zu, als unter dem Eindruck steigender Flüchtlingszahlen über ein möglichst solidarisches Handeln in Europa geredet wurde.
Bevor Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg und „Koordinator für die deutsch-polnische grenznahe und zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit“, sowie zwei Staatssekretäre aus dem polnischen Innen- und Außenministerium das Wort ergriffen, erlebten die Anwesenden noch einen fulminanten Auftritt des aus Wuppertal stammenden Kabarettisten Steffen Möller, der aus genauer Beobachtung die Besonderheiten und Schwächen der Deutschen und Polen aufs Korn nahm, in deutscher und polnischer Sprache. In Polen ist Möller äußerst populär, vermutlich der bekannteste Deutsche überhaupt.
Auch er unterstrich zunächst die große Bedeutsamkeit der Basisarbeit in den vielen deutsch-polnischen Kommunalpartnerschaften. Dann lobte Frank-Walter Steinmeier die für ganz Europa beispielhafte erste polnische Verfassung vom 3. Mai 1791, in der ganz bewusst das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen Regierung, Parlament und Justiz verankert worden sei. Damit übte der deutsche Diplomaten-Chef zugleich indirekt, aber unmissverständlich Kritik an der aktuellen polnischen Innenpolitik, die zu einer Schwächung des Verfassungsgerichts und zu einer Einschränkung der Meinungsvielfalt in den Medien geführt hat und die zuletzt in Brüssel und anderswo in Europa mahnende Stimmen auf den Plan gerufen hat.
Die Rede des designierten Gauck-Nachfolgers fand im Auditorium großen Beifall. Und allen schmeckte vermutlich auch das Buffet, das der Außenminister danach eröffnete, „zu Ehren der polnischstämmigen Bürgerinnen und Bürger sowie Polinnen und Polen in Deutschland“.
Fotos © DPG Lüdinghausen